8 Unternehmerinnen für den 8. März.
Die Förderung, Qualifizierung und Vernetzung von Frauen ist ein besonders wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Anlässlich des Internationalen Frauentags haben wir 8 kreative, unternehmerisch denkende und mutige Frauen mit Migrationsgeschichte interviewt und sie unter anderem nach ihren Beweggründen für Unternehmensgründung, aber auch nach der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben befragt, insbesondere nach der Familienbetreuung, die Frauen immer noch stärker belastet. Wir haben jeden Tag bis zum internationalen Frauentag täglich abwechselnd jede Frau portraitiert und in den Kanälen unserer sozialen Medien auf sie aufmerksam gemacht.
Mit unserem Blogbeitrag möchten wir heute, am Weltfrauentag, die Unternehmerinnen im folgenden zusammenfassend vorstellen und auf ihre bisherigen beruflichen Herausforderungen und Hindernisse hinweisen:
Frage von UoG: Was hat Sie an der Selbständigkeit gereizt, warum haben Sie sich dafür entschieden?
Auf diese Frage antworteten die befragten Frauen übereinstimmend: Freiheit und die Möglichkeit, selbst zu entscheiden! Die Selbständigkeit bringt mehr Verantwortung und Engagement bei der Arbeit mit sich, ist aber auch eine ständige Quelle der Zufriedenheit.
Alle Frauen wiesen auch auf ihre eigene Kreativität als eine Eigenschaft hin, die durch die Selbstständigkeit genutzt werden kann und die zur Entwicklung des Unternehmens beiträgt.
Einige Unternehmerinnen wurden auch durch familiäre Muster, die Selbständigkeit ihrer Eltern oder ihren Sinn für Unabhängigkeit beeinflusst, insbesondere im Fall der Mütter. „Ich glaube, ich habe die Unabhängigkeit meiner Mutter geerbt“, sagt Adriana Duras, die seit Jahren einen erfolgreichen Friseursalon Red Hair by Adriana betreibt. Auch Ewa Bakermann sieht in ihrem eigenen Erfolg die Rolle ihrer Mutter: „Ich bin tatsächlich in einem Friseursalon aufgewachsen und könnte mir keinen anderen Beruf vorstellen“. Ihre Tochter Natalia Budziejewska, mit der sie seit kurzem einen Schönheitssalon Deliciosa Beauty betreibt, wählte zunächst einen anderen Weg, nämlich den der Kindergärtnerin. Doch während der Pandemie beschloss sie, ihr Leben völlig umzukrempeln und sich auf das Abenteuer Kosmetikerin einzulassen.
Jede der Damen betonte zudem ihre Liebe zu ihrer Arbeit.
Frage von UoG: Laut Studien würden Frauen häufiger mit sozialem und ökologischem Mehrwert gründen. Ist es auch bei Ihnen der Fall?
Für die Hälfte der Unternehmerinnen spielten soziale und ökologische Erwägungen eine Rolle. Laut Kita Markewitz, die eine Marke Kreative Kriegerin entwickelt, die vor allem Frauen hilft, durch intuitives Malen ihren Mut und ihre Handlungsfähigkeit im Geschäftsleben zu wecken: „Es gibt immer noch viele Frauen, die sich fragen, was sie der Gesellschaft geben können, welchen Mehrwert sie bieten können. Mein Rat ist einfach, zu agieren, die innere Freiheit und den Mut dazu zu finden. Sich selbst zu vertrauen“.
Karolina Zabłocka, Konferenzdolmetscherin, Übersetzerin und Dolmetscherin, hingegen sieht ihre Arbeit in gewisser Weise als eine gesellschaftliche Mission: „Ich freue mich, wenn ich mit meiner Arbeit etwas Gutes für andere Menschen oder für die Umwelt bewirken kann. Es macht mir viel Spaß die Kommunikation zwischen Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen ermöglichen zu dürfen“.
Für Elisabeth Schwerdtner, die Gründerin von wisidaa, ist der soziale Aspekt ebenfalls relevant: „Wir helfen vor allem älteren Menschen, die von digitaler Ausgrenzung bedroht sind, besser mit den Geräten und den Programmen umzugehen“.
Dagmara Okrój, die Gründerin des Reinigungsunternehmens Cleaning Serwis, die als freundliche Arbeitgeberin ausgezeichnet wurde, sieht wiederum auch den Umweltschutz als wichtigen Teil ihrer Arbeit: „Die nachhaltige und ökologische Entwicklung des Unternehmens ist mein Ziel. Deshalb biete ich, nicht nur naturfreundliche Reinigungsmittel an, sondern auch alle Innovationen, die den Einsatz chemischer Reinigungsmittel verringern“.
Frage von UoG: Erfahrungen und Expertenmeinungen zeigen, dass ein wesentliches Hindernis für Frauen die Schwierigkeit ist, Familienleben und Kinderbetreuung mit der Führung eines Unternehmens zu vereinbaren. Wie sieht das für Sie aus?
In diesem Fall stimmten die befragten Unternehmerinnen tendenziell zu, was auf eine stärkere Belastung der Frauen durch ihre Betreuungsaufgaben hinweist. Kita Markewitz: „Die Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung ist auch für mich eine Riesenherausforderung. Auch wenn mein Mann und ich uns die Verantwortung teilen, stemme ich den Großteil der Kinder-Betreuung. (…) Ich akzeptiere, mit meinem Business langsamer zu wachsen, als ich es z.B. ohne Kinder tun würde. Ich unterstütze andere Frauen dabei, sich ihr eigenes Business zu schmieden, ohne sich selbst dabei zu verlieren. Das ist eine große Herausforderung, da der Druck unserer Gesellschaft sehr hoch ist. Mein Wunsch ist es, dass sich mehr Frauen mit eigenem Business miteinander vernetzen, um sich gegenseitig zu stärken. Besonders im Bereich Mutter & Unternehmerin-Sein ist es stärkend, sich offen miteinander auszutauschen“.
Gleichzeitig betonten sie, wie wichtig die Beteiligung und Unterstützung der Familie ist: „Meine Selbständigkeit macht mich glücklich und gibt mir Kraft, was wiederum mein Familienleben sehr bereichert“ erzählte Kita Markewitz. „Dank der Unterstützung unserer Familien schaffen wir es auch, unser Privatleben mit dem Beruf zu vereinbaren, was für Frauen oft eine große Herausforderung ist“, sagten Anita van Margerd und Sylwia Kowalewska, Betreiberinnen des Lebensmittelladen To Tu Polnischer Supermarkt.
Sie wiesen auch darauf hin, dass die Selbstständigkeit in diesem Fall von Vorteil ist: „Ich schätze es sehr, dass ich meine Arbeitszeit zum großen Teil flexibel einplanen kann. Ich bin relativ oft auf Geschäftsreisen und dann muss ich mich auf meinem Mann verlassen, aber mindestens die Hälfte meiner Arbeitszeit (…) kann ich so gestalten, wie es mir und meiner Familie gerade passt“ erzählte Karolina Zabłocka.
Für einige der Unternehmerinnen ist die Selbstständigkeit jedoch nicht mit dem Familienleben vereinbar, wie uns Krystyna Kacer, Besitzerin eines kleinen Restaurant Pani Smak erklärte: „Aufgrund der Schwierigkeit, Geschäfts- und Privatleben zu vereinbaren, trennten sich meine Geschäftspartnerin und ich, da sie gerade an dem Punkt in ihrem Leben war, an dem sie eine Familie gründen wollte. Glücklicherweise bin ich in einem Alter, in dem meine Kinder erwachsen sind. Es ist im Grunde genommen fast unmöglich, im Leben einer Frau den richtigen Zeitpunkt zu finden, um ein Unternehmen zu gründen und zu führen, das kostet viel Kraft“.
Frage von UoG: Haben Sie das Gefühl, dass Frauen Unternehmen anders führen als Männer?
Hier waren die Meinungen geteilt. Einige Frauen argumentierten, dass Frauen in der Tat Unternehmen anders führen, da sie beispielsweise sensibler für die Bedürfnisse der Kund:innen und Mitarbeiter:innen sind. „Wir sind sicherlich flexibler und haben mehr Verständnis, auch für die Herausforderungen unserer Mitarbeiter: innen“ sagte Krystyna Kacer. „Frauen sind anspruchsvoller, organisierter und strengen sich mehr an. Auch um die Erwartungen der Kunden zu erfüllen. Eine große Genugtuung ist es für uns auch, unsere Kund:inen zufrieden zu stellen, deren Bedürfnisse wir durch die Bestellung von Produkten nach ihren Vorlieben erfüllen“ teilten Anita und Sylwia mit.
Andere argumentierten, dass es nicht auf das Geschlecht, sondern auf die Persönlichkeit ankomme. Karolina Zabłocka „Ich würde sagen, es ist eher eine Sache der Persönlichkeit und nicht des Geschlechts. Es gibt einige Stereotypen, die mir in den Sinn kommen, aber wenn ich das mit konkreten mir bekannten Fällen konfrontiere, sehe ich keine große Korrelation zwischen dem Geschlecht und dem Unternehmergeist oder Führungsstil. Tendenziell würde ich sagen, dass Frauen vielleicht etwas mehr Wert auf gute Kundenbeziehungen legen und dass es Männern im Gegenzug die Akquise neuer Kunden leichter fällt, dies ist aber wohl keine Regel“.
Frage von UoG: Sie haben einen Migrationshintergrund, soll der Staat Unternehmerinnen mit Migrationshintergrund stärker unterstützen, und wie?
In diesem Fall wurde am häufigsten die Sprachbarriere genannt, insbesondere im Zusammenhang mit komplizierten Verfahren und Bürokratie. Unternehmerinnen mit Migrationshintergrund wünschen sich mehr Transparenz bei den Vorschriften, aber auch mehr Offenheit und Verständnis seitens der Behörden. Sie wiesen auf den positiven Aspekt von Organisationen hin, die das Unternehmertum von Migranten unterstützen, wünschten sich aber gleichzeitig ein stärkeres Engagement des Staates.
„Ich habe vor ein paar Tagen im Spiegel gelesen, dass 23% der deutschen Bevölkerung eine Einwanderungsgeschichte haben. Das ist fast ein Viertel! Ich bin der Meinung, dass der Staat alle Gründer:innen stärker unterstützen könnte. Man darf jedoch nicht vergessen, dass Unternehmerinnen mit Migrationshintergrund teilweise andere Bedürfnisse haben und nicht unbedingt wissen, an wen sie sich wenden können. Zwar bieten Arbeitsämter einige Angebote für Existenzgründer an, aber die Angebote erreichen nicht alle potenziellen Interessierten, insbesondere wenn sie sich nicht arbeitslos melden. Zudem sind die Angebote nicht auf die speziellen Bedürfnisse – deutsche Wirtschaftssprache, Steuer- und Rechtsverständnis, Geschäftskultur usw. – der Migrantinnen nicht zugeschnitten“ sagte Karolina Zabłocka.
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Und als eine gute Zusammenfassung unserer Interviews zitieren wir die Worte von Kita Markewitz: „Ich möchte an die Frauen appellieren, Mut zu haben und sich ihr Leben so zu gestalten, wie sie es sich in ihrem Innersten wünschen! Ob sie dafür ihren Job wechseln, eine weitere Ausbildung beginnen oder ihr eigenes Unternehmen gründen – vertraue Deiner inneren Stimme, auch wenn Du heute noch nicht weißt, wohin es Dich übermorgen bringen wird … jeder deiner Schritte ist sinnvoll, um dein Ziel zu erreichen“.
Das wünschen wir uns und allen anderen Frauen dieser Welt auch.